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der Welt des Hörens

Geschichte | Vom Hörrohr zum Hörcomputer

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Meilensteine in der Hörgerätetechnik

Seit es Menschen gibt, gibt es Hörprobleme. Aber was unterscheidet einen Schwerhörigen aus der Steinzeit von einem Schwerhörigen aus dem 20. Jahrhundert? Die Antwort liegt auf der Hand: das Hörgerät. Was vor dem Hörgerät war, ist wenig bekannt. Ein Blick in die Geschichtsbücher versucht Licht in das Dunkel der Geschichte zu bringen.

Zwar haben die alten Griechen nicht das erste Hörgerät erfunden, doch dafür gelten sie als die Entdecker des Gehörschutzes. Homers Held, Odysseus, hatte bekanntlich große Schwierigkeiten mit dem Gesang der Sirenen. Er befahl seiner Mannschaft, sich Wachs in die Ohren zu stecken, damit sie den verlockenden Gesang nicht hörten. Zweifellos der erste »Lärm«Schutz.

Mit Mechanik zu besserem Hören

Dennoch war Homer nicht der erste, der über das Hören beziehungsweise Nicht-Hören nachgedacht hat. Wenn ein Höhlenmensch unter Schwerhörigkeit litt, wird er das zur Hilfe genommen haben, was er -im wahrsten Sinne des Wortes - »zur Hand« hatte. Mit seinen Fingern wird er das Ohr nach vorne gedreht haben, wie wir es heute noch unbewusst machen, wenn wir etwas nicht richtig verstehen. Die mangelnde Leistung dieser manuellen Hörhilfen trieb den Menschen dazu, nach Neuem zu suchen. Er entdeckte Muscheln und große Blätter, die ebenfalls ans Ohr gehalten werden konnten. Auch wenn sich dies sehr primitiv anhört, so wurde damit doch bereits in Ansätzen das Richtungshören und die Störschallunterdrückung ermöglicht.

Auf diese einfache Art und Weise behalfen sich Schwerhörige über Jahrhunderte lang. Von einem ersten Hörtrichter wird im Jahr 1675 berichtet. Atanasius Kirschner baute dieses nicht gerade handliche, ellipsenförmige Hilfsmittel. Ähnlich wie bei der Muschel und der Hand vergrößert der Trichter das Ohr, um mehr Schall auffangen zu können. Kirschner erkannte, dass Metalle wie Gold, Silber und Messing mit ihrer Eigenresonanz lauter verstärken als die bisherigen Hilfsmittel.

1820 ließ Pastor Duncker aus Berlin eine »Hörmaschine« patentieren. Seine Erfindung war ein zwischen 1,5 und 6 Meter langer Schlauch. An einem Ende befand sich ein trichterförmiger Schallfänger, am anderen eine Tülle, die in den Gehörgang gesteckt werden konnte. Bei einer Unterhaltung mußte der Schwerhörige den Trichter möglichst nah an den Mund des Gesprächspartner halten. Duncker schrieb in seiner Patentschrift, „dass meine Maschine noch lange nicht die Vollkommenheit hat, welche ihr der Schwerhörige wünschen muss.“

Die raffiniertesten und fortschrittlichsten Hörrohre wurden zu dieser Zeit in englischen Werkstätten hergestellt. Schon damals war es der Wunsch vieler Schwerhöriger, dass ihre Hörhilfe für andere nicht sichtbar sei — bei der Größe der Geräte ein nicht immer einfaches Unterfangen. Wie erfindungsreich die englischen Akustiker beim Verstecken der Hörrohre zu Werke gingen, zeigt der »akustische Thron« von Coa IV, König von Portugal. Damit seine Schwerhörigkeit nicht auffiel, wurde die gesamte »Hörmaschine« in den Thron integriert. Die Trichter, die den Schall auffingen, waren am Ende der vorderen Armlehnen in zwei aufgerissenen Löwenmäulern untergebracht. Ein im Thron eingebautes Schlauchsystem brachte den Schall schließlich an das königliche Ohr. Dank seines »Hör-Throns« hatte König Goa keine Probleme, die vor ihm knienden Untertanen zu verstehen.

Das Telefon ermöglicht ein elektrisches Hörgerät

Das Ende der mechanischen Hörrohre zeichnete sich 1876 mit der Erfindung des Telefons durch Alexander Graham Bell ab. Damit waren die technischen Voraussetzungen für eine elektrische Hörhilfe gegeben. Kurz vor der Jahrhundertwende konstruierte der 26jährige Miller Reese Hutchinson ein Hörgerät, das allerdings nur Platz in einer Kiste fand. Es funktionierte wie ein Telefon, in dem der Schall über ein Mikrophon aufgenommen wird. Mit einem Kopfhörer konnte der Schwerhörige alle Geräusche verstärkt hören. Zu den ersten Benutzern zählte Königin Alexandra von England, die Hutchinson für seine Erfindung mit einem Orden auszeichnete.

Das Radio bringt neue Impulse für Hörgeräte

1923 wird das Radio mit seinen Röhrenverstärkern neues Vorbild für die Hörhilfen. Das erste mit Röhren bestückte Hörgerät, »Audiophone«, hatte für die heutige Zeit unvorstellbare Dimensionen. Es wog 110 Kilogramm. Trotzdem zeichnete es sich gegenüber früheren Geräten durch eine verbesserte Klangwiedergabe und einer Reduzierung des Eigenrauschens aus. Mit der Einführung der Elektrik in die Hörgerätetechnik begann eine stetige Verbesserung und Verkleinerung der Hörhilfen. Dank der mittlerweile winzigen Bauteile war es 1957 möglich, ein Hörgerät anzubieten, das komplett hinter dem Ohr getragen werden konnte. Die sogenannten Hinter-dem-Ohr-Geräte (HdO) arbeiten nicht mehr mit den veralteten Röhrenverstärkern, sondern bereits mit viel kleineren Transistoren. Nachdem auch die Batterien immer weniger Platz benötigen, konnte 1966 das erste Im-Ohr-Gerät „Siretta“ vorgestellt werden. Vorläufiger Höhepunkt einer rasanten Entwicklung.

Klein und leistungsstark

Die Hörgeräte wurden nicht nur immer kleiner und leistungsstarker, sondern auch immer einfacher zu bedienen. Akustiker und Techniker verbesserten ständig die Klangwiedergabe, sie erhöhten die Verstärkerleistung und entwickelten 1986 das erste Im-Ohr-Gerät, das mit einer Fernbedienung gesteuert werden konnte. Der Hörgeräteträger hat alle Bedienungselemente nicht mehr am Gehörgang, sondern groß und übersichtlich in der Hand. Noch einfacher geht es mit dem »AudioZoom«, bei dem sich das Hörgerät automatisch Veränderungen anpasst.

Aber auch die Ära der elektrischen Hörgeräte ging zuende. Das aktuelle Schlagwort lautet »digital«. Digitale Hörgeräte arbeiten nicht mehr mit Verstärkern, sondern mit Zahlen. Jedes Geräusch wird in eine Zahlenkombination umgewandelt und entsprechend den Bedürfnissen des Schwerhörigen durch Rechenoperationen in unglaublicher Geschwindigkeit verändert. Den Möglichkeiten sind damit fast keine Grenzen mehr gesetzt.

Der Weiterentwicklung der digitalen Hörgeräte wird die Zukunft gehören. Ein zweites Gehör werden aber auch diese Hörhilfen nicht sein. Deshalb wird Pastor Dunckers Ziel von der »Vollkommenheit [...], welche ihr der Schwerhörige wünschen muss« die Akustiker noch lange beschäftigen.

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